© 2025 Antonella Ippolito
pastelli a olio
MEINE TECHNIK
Ölkreide
Denkt man an Pastellfarben, da kommt wohl Öl als Letztes in den Sinn...
Alles, dass Du wissen sollst über ein ungewöhnliches Medium, das ursprünglich für den Unterricht gedacht war und später sogar von Picasso geliebt wurde.
Es war im Jahr 1921. Der japanische Künstler Kamae Yamamoto, bekannt nicht nur für seine Gemälde, sondern auch für sein Engagement in der Volkskunst und der Kunsterziehung von Kindern in Japan , wollte eine neue, im Unterricht einsetzbare Art von Pastellfarbe entwickeln.
Ölkreiden lassen sich auf vielfältige Weise einsetzen – je nach Beschaffenheit, denn es gibt zahlreiche Marken mit unterschiedlichen Texturen und Qualitäten.
Grundsätzlich können sie geschichtet, verwischt, mit den gleichen Lösungsmitteln wie klassische Ölfarben verdünnt oder in Techniken wie dem Sgraffito verwendet werden.
Ich arbeite hauptsächlich mit den Ölkreiden von Sennelier, die besonders cremig sind – man könnte sagen: von der Konsistenz her vergleichbar mit Lippenstift – und eine außergewöhnliche Pigmentqualität sowie hohe Lichtbeständigkeit bieten. Je nach Motiv und gewünschter Präzision kombiniere ich sie gelegentlich mit Ölkreiden von Caran d’Ache, etwa wenn ich Farbtöne benötige, die es im Sennelier-Sortiment nicht gibt, oder wenn ich eine etwas festere Textur brauche.
Es stimmt übrigens nicht, dass Ölkreiden nur für kleine Formate oder grobe Arbeiten geeignet sind. Für große Flächen gibt es speziell entwickelte Großformat-Kreiden, die das Arbeiten erleichtern. Für feine Details kommt es vor allem auf die richtigen Werkzeuge an: Ich verwende Gummispachtel in verschiedenen Größen – von ganz feinen Spitzen bis hin zu breiteren Formen zum Schichten von Farben –, außerdem Metallspachtel und Pinsel, insbesondere in Kombination mit Lösungsmitteln.
Ein Gemälde mit Ölkreiden trocknet nie vollständig – selbst dann nicht, wenn es mit Fixativ behandelt wurde. Das ist wichtig zu wissen, wenn man ein solches Werk mit nach Hause nimmt. Es sollte mit einem mindestens 3 mm dicken Passepartout gerahmt und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt aufbewahrt werden, da bestimmte Pigmente empfindlich auf Licht reagieren können.
Yamamoto verfolgte das Ziel, einen freieren und flexibleren Ansatz in der Kunsterziehung zu fördern als das traditionelle japanische Modell – ein Gedanke, den er in seinem Buch Theory of Self-Expression ausführlich darlegte. Um dies umzusetzen, benötigte er ein vielseitigeres Werkzeug als Wachsmalstifte oder Bleistifte – etwas, das den Schüler*innen erlauben würde, selbstständig eine große Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten zu entdecken.
Es dauerte drei Jahre, bis die richtige Rezeptur gefunden war: Pigmente wurden mit einem Bindemittel aus Wachs und nichttrocknendem Öl kombiniert. So entstand die Ölkreide – zunächst unter dem Namen Cray-Pas vom Unternehmen Sakura auf den Markt gebracht. Anfangs gab es zwei Varianten: eine „Winter“-Kreide mit höherem Ölanteil, um ein Aushärten zu verhindern, und eine „Sommer“-Version mit weniger Öl, damit sie bei Wärme nicht schmolz. Später wurden Stabilisatoren hinzugefügt, um eine gleichmäßige Konsistenz über das ganze Jahr hinweg zu gewährleisten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen einige Künstlerinnen, das ursprünglich für den Unterricht gedachte Material ernsthaft in der Kunstpraxis einzusetzen. 1947 wandte sich Pablo Picasso – der während des Kriegs keinen Zugang zu den japanischen Ölkreiden hatte – an Henri Sennelier, einen französischen Hersteller hochwertiger Künstlerfarben. Seine Bitte: eine Version der Ölkreide zu entwickeln, die gezielt für die Bildende Kunst gedacht war. Das Ziel war es, Effekte ähnlich wie bei der Ölmalerei zu erzielen – auf jedem Untergrund, ganz ohne Grundierung oder spezielle Vorbereitung. Nach einem Jahr intensiver Versuche brachte Sennelier schließlich die ersten Ölkreiden für professionelle Künstlerinnen auf den Markt. Sie zeichneten sich besonders durch die Stabilität und Viskosität des Bindemittels sowie die Leuchtkraft der Pigmente aus.